Werke aus Tele­manns Frank­furter Zeit

Im Februar 1712 unterschrieb Georg Philipp Telemann den Dienstbrief, mit dem er sich als Director musices der Stadt Frankfurt verpflichtete. In den neun Jahren seines Wirkens in Frankfurt brachte er das Musikleben zur Blüte: jeden Sonn- und Feiertag wurde eine seiner Kantaten in den beiden Hauptkirchen der Stadt aufgeführt und zu politischen Feiern erklangen seine Festmusiken. Daneben betrieb er mit dem Collegium musicum, dem zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten der Stadt angehörten, regelmäßig Kammermusik. Durch ihn wurde ein öffentliches Konzertwesen in Frankfurt eingeführt.

Telemann-Flashmob

Endlich fand er statt, der lang geplante Flashmob mit Musik von Georg Philipp Telemann. Zuerst verhinderten mehrfach die Beschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hatte, eine Realisierung und danach sorgte einmal schlechtes Wetter für die kurzfristige Absage einer terminierten Aufführung. Am 30. Mai 2023 aber war Corona Geschichte und das Wetter zeigte sich von seiner sonnigen Seite, nur der Wind blies manchmal Notenständer um oder die Noten von eben diesen.

Das Collegium Musicum der Goethe-Universität Frankfurt unter der Leitung von UMD Jan Schumacher führte in Verbindung mit der Frankfurter Telemann-Gesellschaft e.V. das Concerto Grosso B-dur TWV 54:B1 für Solovioline, Oboe, 2 Flöten, Streicher und B.c. auf dem Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität auf.

Die einzelnen Sätze erklangen an verschiedenen Plätzen auf dem Gelände und die Musik lockte jedes Mal viele Zuhörer an.

Uwe Dettmar machte die Filmaufnahmen und schnitt sie mit den Tonaufnahmen zusammen, für die David Fritzen verantwortlich zeichnet. So entstand dieser schöne Mitschnitt unseres Flashmobs. Viel Vergnügen beim Sehen und Hören!

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1714

Für das Kirchenjahr 1714/15 entstand der Kantatenzyklus „Französischer Jahrgang“. Georg Philipp Telemann war ein großer Verehrer der französischen Musik und hatte sie eingehend studiert. Die Texte stammen von Erdmann Neumeister.
In den Kirchenjahren 1721/22 und 1734/35 kam es zu Wiederaufführungen der Kantaten in Frankfurt.
Der „Französische Jahrgang“ erfreute sich einer gewissen Beliebtheit und einer regional weiten und zeitlich andauernden Verbreitung, wie diverse Quellen belegen.

1715

Die ersten gedruckten Kompositionen Georg Philipp Telemanns erfreuen sich einer großen Beliebtheit:
Six sonates [g, D, h, G, a, A] à violon seul, accompagné par le clavessin. „aux dépens de l’auteur“ (Frankfurt/Main, 1715);
Enthält: TWV. 41:g1, 41:D1, 41:h1, 41:G1, 41:a1, 41:A1
Verweis: RISM A/I: T 405
Fundort: Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek (D-DS Mus. 1043)
Mit einem großen Dankfest wurde am 3. März 1715 (Sonntag Esto mihi) die Beendigung des spanischen Erbfolgekrieges durch den Frieden von Rastatt in Frankfurt gefeiert. Telemann komponierte hierzu die Huldigungskantate „Wie lieblich sind auf dem Berge die Füße der Boten“ (TVWV 13:1). Die Komposition ist heute nicht mehr überliefert.

1716

In einer ganz besonderen Aufführung erklang am 2. April 1716 erstmals Telemanns Passion „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“ (TVWV 5:1) nach einem Text von Hinrich Barthold Brockes in der Barfüßerkirche. Als Zuhörer hatten sich auch „fürstliche Personen“ angemeldet, darunter auch der hessische Landgraf.
Der Text ist sehr anspruchsvoll und differenziert ausgearbeitet, die Musik ist nicht weniger plastisch und virtuos.
Das Werk ist innerhalb der Reihe Georg Philipp Telemann, Musikalische Werke (Kassel: Bärenreiter Verlag) als Band 34 erschienen.
Einen ausführlicheren Text finden Sie hier.

Kleine Cammer-Music, bestehend aus VI Partien, welche vor die Violine, Flûte traverse, wie auch vors Clavier, besonders aber vor die Hautbois, nach einer Leichten und singenden Art … eingerichtet und verfertiget sind Durch Georg Philipp Telemann Capellmeistern in Franckfurt am Mayn, In der Herbst-Messe 1716. In Verlegung des Autoris. Druckts Johann Philipp Andreä. Franckfurt am Mayn 1716
Enthält: TWV. 41:B1, 41:G2, 41:c1, 41:g2, 41:e1, 41:Es1
Verweis: RISM A/I: T 408
Fundort: Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (D-B Mus. 13087 und 55 Depos SA 3901)

Zum Sieg der Truppen Karls VI. bei Peterwardein am 5. August 1716 komponierte Telemann die heute verlorene Musik „Man singet mit Freuden vom Sieg“ (TVWV 13:2).

1717

Georg Philipp Telemann datiert die Partitur seiner Kantate „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes“ (TVWV 1:1613) eigenhändig auf „Wormstedt, 26. April 1717“. Die Kantate ist für den Sonntag Exaudi bestimmt und wurde am 9. Mai 1717 in Frankfurt aufgeführt. Das umfangreiche Aufführungsmaterial wird heute in der Frankfurter Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg unter der Signatur Ms.Ff.Mus. 1486 aufbewahrt.
Wormstedt liegt ca. vier km östlich von der thüringischen Glockenstadt Apolda. Der Bruder Georg Philipp Telemanns, Heinrich Matthias (1672-1746), war dort als Pfarrer tätig und hatte die verwitwete Mutter Maria Telemann (1642-1711) bei sich aufgenommen. Deren Grabstein konnte 2004 dort identifiziert werden.

1718

Six trio, dont le 1|r est à violon, hautbois et basse chiffrée, le 2. à violon, flûte à bec et basse chiffrée, le 3. à violon, flûte traverse et basse chiffrée, le 4. à deux violons et basse chiffrée, le 5. à violon, basse de viole et basse chiffrée, le 6. à violon, basson ou violoncello et basse chiffrée, aux frais de l’auteur, Benjamin Kenchel a gravé toutes ces pièces, Franckfurt am Mayn 1718
Enthält: TWV. 42:B1, 42:a1, 42:G1, 42:D1, 42:g1, 42:F1
Verweis: RISM A/I: T 410

Sei suonatine [A-Dur, B-Dur, D-Dur, G-Gur, E-Dur, F-Dur] per violino e cembalo, Franckfurt am Mayn 1718
Enthält: TWV. 41:A2, 41:B2, 41:D2, 41:G3, 41:E1, 41:F1
Verweis: RISM A/I: T 411

Vermutlich 1718 erscheint Telemanns „Musicalisch-Choreographisches Hochzeits-Divertissement“ in Frankfurt am Main im Druck (TVWV 11:21). Der Druck wird heute in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin und der British Library in London aufbewahrt.
Verweis: RISM A/I: T 456
Am 24. Februar 1718 erhält Georg Philipp Telemann 50 Gulden für die Musik zur Hochzeit der Maria Margaretha (geb. von Bertram, gest. 19.12.1757) mit Adam Friedrich Lauterbach (gest. 24.4.1736), Kirchberg-Sayn-Wittgensteinischem Hofrat.
Anlässlich des am 21. Juli 1718 geschlossenen Frieden von Passarowitz (südöstlioch von Belgrad gelegen) komponiert Telemann die heute verlorene Kantate „Der Herr Zebaoth ist mit uns“ (TVWV 13:3)

1719

Am 26. Juni 1719 ereignete sich in Frankfurt ein großer Stadtbrand, bei dem 400 Gebäude abbrannten. Am 2. Juli hielt der Senior des Predigerkollegiums Johann Georg Pritius (1662-1732) dazu eine Predigt in der Barfüßerkirche. Telemann komponierte die heute verlorene Trauermusik „Ach Frankfurth, ach! wie steht’s um dich“ (TVWV 13:0).
Anläßlich der Hochzeitsfeierlichkeiten von Prinz Friedrich August von Sachsen (1696-1763) und Erzherzogin Maria Josepha von Österreich (1699-1757) hält sich Georg Philipp Telemann in Dresden auf. Er widmet dem Violinvirtuosen und Konzertmeister Johann Georg Pisendel (1687-1755) das Violinkonzert B-Dur (TWV 51: B1) und datiert es eigenhändig auf den „14. Sept. 1719“. Die autographe Partitur wird heute in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden unter der Signatur Mus. 2392-O-38 aufbewahrt.

1720

1720 schrieb Telemann sechs Kantaten für den Grafen Friedrich Carl von Erbach (1680-1731) auf dessen eigene Dichtungen.
Am 18. Oktober 1720 stand die Aufführung der Kantate „Ertöne muntrer Musen-Chor“ (TVWV 20:2, verschollen) durch das Collegium musicum zur Verabschiedung eines „liebens-würdigen“ Engländers statt.
Zur Ostermesse 1720 entstand die Kantate „Das Wasser im Frühling“ (TVWV 20:1, verschollen) mit einem Text von Barthold Heinrich Brockes (aus „Irdisches Vergnügen“). Die Aufführung erfolgte durch das Collegium musicum.
Telemann hatte ein besonderes Talent für die tonmalerische Umsetzung außermusikalischer Themen. In seiner Orchestersuite „La Bourse“ (TWV 55:B11) nimmt Telemann zum Beispiel einen realen Börsenskandal im Jahre 1720 satirisch aufs Korn. Die Overtürensuite in B-Dur für 2 Oboen, Fagott, Streicher, Basso Continuo gliedert sich in folgende Sätze:
Ouverture (Ouvertüre)

  • Le Repos interrompu (Die unterbrochene Ruhe)
  • La Guerre en la Paix (Krieg im Frieden)
  • Les Vainqueurs vaincus (Die besiegten Sieger)
  • La Solitude associèe (Die gemeinsame Einsamkeit)
  • L´Espérance de Mississippi (Die Mississippi-Hoffnung).

Der Schlusssatz spielt mit seinem Auf und Ab auf den Krach an der Pariser Börse an. Mit der „Missisippi-Hoffnung“ war für viele eine internationale Börsenspekulation geplatzt, denn in Frankreich hatte man auf Gold gesetzt, was es aber am Missisippi noch nicht gab. Die Wertscheine waren plötzlich nur noch Papier und die Spekulanten am Boden zerstört. Eine ausführliche Beschreibung des Börsenkrachs in Frankreich finden Sie hier.
Telemanns Originalhandschrift der Suite wird heute in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden aufbewahrt.
Georg Philipp Telemann datiert die Partitur seiner Kantate „In Christo Jesu gilt weder Beschneidung“ (TVWV 1:929) eigenhändig auf „Stuttgardt d. 19. Aug. 1720“. Die Kantate ist für den 13. Sonntag nach Trinitatis bestimmt und wurde am 25. August 1720 in Frankfurt am Main aufgeführt. Der Text stammt von Erdmann Neumeister (1671-1756). Die autographe Partitur wird heute in der Frankfurter Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg unter der Signatur Ms.Ff.Mus. 1208 aufbewahrt.